Der Prophet Hosea (25) - Hosea 10,9-15: Gottes Erbarmungen und Zurechtweisungen

Lesezeit: 4 Min.

Gottes Erbarmungen und Zurechtweisungen (V. 9-15)

Die Verse 9-15 bilden eine Fortsetzung der Gerichtsbotschaft Gottes an Israel und Juda. Unterbrochen wird der Abschnitt mit einem Gnadenappell, durch den das Volk zur Umkehr aufgerufen wird (V. 12)1.

Ungerichtete Sünde – die Verdorbenheit von Gibea (V. 9-11)

Der letzte Teil unseres Kapitels beginnt mit einem Vorwurf, in dem Gott Israel beschuldigt, seit den Tagen von Gibea in ungerichteter Sünde zu leben: „Seit den Tagen von Gibea hast du gesündigt Israel“ (Hos 10,9). In Gibea hatte der Stamm Benjamin zur Zeit der Richter eine der abscheulichsten Sünden verübt, für die Benjamin von den übrigen Stämmen seiner Zeit gerichtet worden war (vgl. Ri 19-21). Allerdings entflohen die „Kinder des Frevels“, die tatsächlich der abscheulichen Tat schuldig geworden waren, dem Gericht, sodass die Sünde vor Gott nie vollständig geordnet wurde und sich über Jahre hinweg wie Sauerteig verbreiten und die Masse des gesamten Volkes durchsäuern konnte. Aufgrund des ungerichteten Zustands lässt Gott ihnen sagen: „Dort sind sie stehen geblieben“ (Hos 10,9).

So kommt Hosea in Vers 10 wieder auf Gericht zu sprechen, das Gott in Aufrechterhaltung seiner Heiligkeit und in Übereinstimmung mit seinen Regierungswegen über Israel (10 Stämme) und Juda (mit Benjamin) bringen würde: „Nach meiner Lust werde ich sie züchtigen“ (Hos 10,10). Als Zuchtrute sollten die Nationen dienen: „Und Völker werden gegen sie versammelt werden, wenn ich sie an ihre beiden Sünden binden werde“ (Hos 10,10). Es scheint, als bestünden die beiden Sünden hauptsächlich in:

  1. dem Aufgeben Gottes und
  2. ihrem Götzendienst.

Das Gericht hätte zur Folge, dass sie künftig dem Joch der Nationen unterworfen sein würden – Israel dem Assyrer; Juda dem Babylonier: „Ich werde Ephraim einspannen, Juda soll pflügen, Jakob soll eggen“ (Hos 10,11).2 Unter ihrer Herrschaft würden sie als Sklaven arbeiten und ihre Felder und Äcker bewirtschaften, weil sie: „Gottlosigkeit gepflügt, Unrecht geerntet und die Frucht der Lüge gegessen haben“ (Hos 10,13).

Pflügt euch einen Neubruch (V. 12)

In Vers 12 wird die Gerichtsbotschaft durch einen Gnadenappell unterbrochen: „Sät euch zur Gerechtigkeit, erntet der Güte entsprechend: Pflügt einen Neubruch“ (Hos 10,12).3

Bisher hatte Ephraim „Wind“ gesät und „Sturm“ geerntet (Hos 8,7). Es hatte in Ungerechtigkeit und Untreue gelebt. Folglich war die Ernte eine Gerichtsernte (Sturm). Deshalb fordert Hosea das Volk auf, einen Neubruch zu pflügen und Gerechtigkeit zu säen. Sie sollten umkehren und Buße tun, ein neues Leben in Gerechtigkeit führen und den Herrn suchen: „Denn es ist Zeit, den Herrn zu suchen, bis er kommt und euch Gerechtigkeit regnen lässt“ (Hos 10,12). Dann würden sich die Verheißungen Gottes an ihnen erfüllen, der bußfertige Herzensboden mit Gerechtigkeit „bewässert“, und der Segen wie Regen auf sie strömen (vgl. Hos 6,3).

Die Reaktion auf Gottes Gnade

Obwohl Gott Rettung im Sinn hatte, verharrte das Volk weiter in Sünde. Damit verwirkte es jeden Anspruch auf Segen. Erst, wenn sie umkehren und den Herrn eifrig suchen, wird Gott Gerechtigkeit „regnen lassen“ und sie segnen. Das wird in der Zeit des Tausendjährigen Reiches wahr werden, wenn Er auf die geringsten Bewegungen bußfertiger Herzen antworten wird.

Der sündige Zustand Israels

Im Anschluss des Gnadenappells kommt der Prophet wieder auf den Zustand Israels zurück, der die Herzenshaltung des Volkes widerspiegelt: „Ihr habt Gottlosigkeit gepflügt, Unrecht geerntet, die Frucht der Lüge gegessen“ (Hos 10,13). Gottlosigkeit, Ungerechtigkeit und Unwahrheit waren prägende Merkmale des Volkes.

Außerdem kennzeichnete das Volk Misstrauen gegenüber Gott. Ohne auf Gott zu hoffen und auf seine Zusagen zu bauen, vertrauten sie auf eigene Wege und auf die Menge ihrer Helden (Menschen), auf die sie zählten: „Denn du hast auf deinen Weg vertraut, auf die Menge deiner Helden“ (Hos 10,13; vgl. Amos 6,13). Misstrauen war (ist) eine typische Folge von Gottlosigkeit.

Übrigens: Den Ausdruck „pflügen“ finden wir drei Mal in diesem kurzen Abschnitt (V. 9-15). Jedes Mal weist er auf etwas anderes hin:

  • „Juda soll pflügen“ (V. 11): Unterwerfung unter die Nationen (Knechtschaft)
  • „Pflügt einen Neubruch“ (V. 12): Umkehr und Buße im Herzen
  • „Gottlosigkeit gepflügt“ (V. 13): Sünde des Volkes

Gericht über Israel (V. 14.15)

In den Versen 14 und 15 vergleicht der Prophet das kommende Gericht, das über Israel hereinbrechen würde, mit dem Angriff Schalmans auf Beth-Arbel: „…wie Schalman4 Beth-Arbel5 zerstörte am Tag des Krieges; die Mutter samt den Kindern wurde zerschmettert“ (Hos 10,14). Damit wird dem Volk eine beispiellose Verwüstung vorhergesagt, die die Zerstörung ihrer Festungen als auch die Vernichtung des Königs vorsah (Zehn-Stämme-Reich; Hos 10,14.15), sowie der Mütter samt ihren Kindern. Der Ausdruck „Mutter samt den Kindern“ ist ein sprichwörtlicher Ausdruck, der für die unmenschliche Grausamkeit im Gericht steht, das Israel bald treffen sollte (vgl. 1. Mo 32,12).

In Vers 11 hatte der Prophet auf die Folgen des Gerichts hingewiesen, die Unterdrückung Israels und Judas unter das Joch der Nationen. Hier nun weist er auf das Ausmaß und die Schwere des Gerichts hin, in der es sie treffen würde: „…wie Schalman Beth-Arbel zerstörte am Tag des Krieges; die Mutter samt den Kindern wurde zerschmettert“ (Hos 10,14).

Der Grund für das beispiellose Handeln Gottes im Gericht ist die Bosheit des Volkes in Bethel. An diesem Ort hatte Gott Jakob und seinen Nachkommen seine Verheißungen bestätigt (1. Mo 28,13.19). Nun war Bethel der zentrale Sitz des Götzendienstes geworden und ein Platz des Zeugnisses ihres Abfallens von Gott: „So hat Bethel euch getan um der Bosheit eurer Bosheit willen“ (Hos 10,15). Damit legt Hosea den Fingerzeig immer wieder auf den Götzendienst, mit dem das Gericht begründet wird.

Das Kapitel endet mit der wiederholten Erwähnung der Vernichtung des Königtums Israels: „Mit dem Morgenrot wird Israels König ganz und gar vernichtet sein“ (Hos 10,15).6

Fußnoten

  • 1 H. Rossier merkt an: „In den Versen 9-15 verbindet der Prophet erneut Juda mit Israel, als unter dem Gericht befindlich“ (Betrachtung über das Buch des Propheten Hosea).
  • 2 Das Gericht traf Israel und Juda zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Demzufolge würden sie auch zu unterschiedlichen Zeiten unter das Joch der Nationen fallen.
  • 3 Das Bild von Saat und Ernte ist bezeichnend für den Propheten (vgl. Hos 2,23-25; 8,7; 10,13). Häufig weißt es (vor allem das Säen) auf das geistige und sittliche Handeln des Volkes hin.
  • 4 Schalman ist die Kurzform von Salmanassar (Salmaneser), des Königs von Assyrien.
  • 5 Eine Stadt, die nur hier genannt wird. Ansonsten ist nichts über sie bekannt.
  • 6 Hosea scheint hier nicht auf einen konkreten König hinzuweisen, der vernichtet werden wird - auch wenn es sich hier sicher um den König Hosea handelt - sondern allgemein auf das Königtum Israels, das sein Ende finden würde.
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