Der Prophet Hosea (21) - Hosea 8,8-14: Die Ursache des Gerichts – Abfall von Gott

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II:  Die Ursache des Gerichts – Abfall von Gott (V. 8-14)

In den Versen 1-7 hatte der Prophet Gericht über Ephraim angekündigt. In den Versen 8-14 gibt er den Grund an: Abfallen von Gott. Drei Punkte nennt er, die das Abfallen begründen:

  1. Zuflucht zur Welt (Vermischung) (V. 8-10)
  2. Götzendienst (V. 11)
  3. Untreue dem Gesetz gegenüber (V. 12; vgl. V. 1.4-7)
  • Zuflucht zur Welt (V. 8-10)

In Kapitel 7 hat der Prophet offenbar gemacht, dass Israels Vermischung zum Niedergang im Volk führte (Hos 7,8-12). Dieses Thema greift Hosea erneut auf: „Sie sind nach Assyrien hinaufgezogen“ (Hos 8,9), und: „Ephraim hat Liebhaber angeworben“ (Hos 8,9).

Die Zielsetzung ist hier jedoch eine andere. Hoseas Anliegen besteht darin, das Abfallen zu begründen. Dazu führt er den Hinaufzug des Volkes nach Assyrien an, wo sie sich Liebhaber anzuwerben suchten. Ihr Vertrauen galt nicht mehr dem Herrn, sondern der Welt, wodurch ihre Herzen von Gott abgezogen wurden, bis sie schließlich von Ihm abfielen. Der Prophet geht hier also einen Schritt weiter als in Kapitel 7. Er macht deutlich, dass Israels Hinwendung zur Welt im Abfallen von Gott endete.

Ephraim – ein Gefäß, an dem man kein Gefallen hat

Die Zuflucht zur Welt machte Israel zu einem Gefäß, an dem man kein Gefallen hat: „Israel ist verschlungen; nun sind sie unter den Nationen wie ein Gefäß geworden, an dem man kein Gefallen hat“ (Hos 8,8).1 2

Das Bild dient dazu, den moralischen Zustand des Volkes zu veranschaulichen. Henri Rossier bemerkt: „Jetzt, nachdem die Nahrung aufgezehrt war (vgl. Hos 8,7), befand Ephraim sich unter den Völkern wie ein leeres Gefäß, mit dem man machen kann, was man will.“3 Das deutet auf die Unterlegenheit Israels unter den Nationen hin. Israel hatte in Folge seiner Vermischung seine Kraft verloren (vgl. Hos 7,9). Für den Assyrer war es ein Leichtes, sie gefangen wegzuführen. Unter der Vorsehung Gottes konnte er mit ihnen machen was er wollte.

Gleichzeitig war Israel nutzlos (unbrauchbar) geworden (vgl. Hos 7,8). Auch dieser Aspekt liegt im Bild des Gefäßes enthalten, den Ausleger hier sehen.4 Gott konnte sie nicht mehr als Zeuge auf der Erde gebrauchen. Sie hatten die Lebensweisen und Sitten der Völker übernommen, wodurch sie weltförmig wurden. Daran konnte Gott kein Gefallen haben.

Ephraim – ein Wildesel

Mit einem zweiten Bild – dem Wildesel – offenbart Hosea die Gesinnung des Volkes (Hos 8,9). Der Esel ist bekannt für seine Störrigkeit. Ephraim war schlimmer als jener Esel. Es blieb nicht abgesondert („für sich allein“), sondern verband sich in seiner Störrigkeit, d.h. in seinem Ungehorsam und Eigenwillen mit den Nationen, um Liebhaber anzuwerben.

Offensichtlich denkt Hosea an Menachem, den König von Israel. Dieser machte einen Bund (Vertrag) mit dem assyrischen König Pul, dem er tausend Talente Silber übergab, um unter dessen Hand Schutz und Hilfe zu finden, als er gegen Israel hinaufzog (2. Kön 15,19).5

Dieser Bund brachte ihm jedoch keinen Nutzen: „Ob sie auch unter den Nationen Liebhaber anwerben: nun will ich sie sammeln; und sie werden anfangen, sich zu vermindern wegen der Last des Königs der Fürsten“6 (Hos 8,10). Trotz der Verbundenheit würde Israel Gericht treffen. Dieses erreichte sie, als Salmaneser (assyrischer König) zur Zeit des Königs Hosea7 nach Israel kam, um Ephraim gefangen wegzuführen (2. Kön 17,3.6.23; vgl. Jes 8,5-7). Damit wurde der vermeintliche Helfer zur Zuchtrute Gottes.

Zwischenbilanz

Ephraim hatte sich den Nationen zugewendet, um unter ihnen Vertrauen zu finden. Die Vermischung brachte ihnen jedoch die bittere Folge ein, kraftlos und zum „Spielball“ der Nationen zu werden – wie ein leeres Gefäß, mit dem man machen kann, was man will, das völlig nutzlos ist. Diese Zuwendung geschah im Eigenwillen und Ungehorsam, die der Störrigkeit eines Wildesels gleicht und schließlich im Abfallen von Gott endete.

Götzendienst und die Untreue dem Gesetz gegenüber (V. 11-12)

In den Versen 11 und 12 kommt der Prophet auf zwei weitere Ursachen zu sprechen, die den Abfall begründen: Götzendienst und Untreue dem Gesetz gegenüber.

  • Götzendienst (V. 11)

„Denn Ephraim hat die Altäre zur Versündigung vermehrt, und die Altäre sind ihm zur Versündigung geworden“ (Hos 8,11). Ephraim opferte auf Altären falschen Göttern, d. h. den Dämonen. Sie verwarfen den wahren und lebendigen Gott, um sich Götzen hinzugeben, wodurch der Abfall bekräftigt wurde.

  • Untreue dem Gesetz gegenüber (V. 12)

Als dritten Punkt nennt Hosea die Untreue dem Gesetz gegenüber, in der er ebenfalls einen Grund zum Abfall erkennt (vgl. V. 1.4-7): „Ich schreibe ihm zehntausend Satzungen meines Gesetzes vor – wie Fremdes werden sie erachtet“ (Hos 8,12; vgl. V. 1.4-7). Israel stand unter Verantwortung, das Gesetz zu erfüllen. Doch sie übertraten es und behandelten Gottes Gebote, als seien sie etwas „Fremdes“, zu dem sie keinen Bezug hätten.

Das spricht zu unseren Herzen heute. Als Christen stehen wir nicht unter Gesetz. Dennoch tragen wir Verantwortung, dem Wort Gottes gehorsam zu sein und es in Treue umsetzen. Über die Versammlung in Philadelphia wird gesagt: „Du hast mein Wort bewahrt“ (Off 3,8; vgl. V. 10). Die Gläubigen in Philadelphia hatten das Wort Gottes bewahrt und im Leben verwirklicht. Darin sind sie ein großes Vorbild für unsere Zeit.

Fazit

Der Abfall von Gott wurde hervorgerufen, indem Israel:

  • Zuflucht zur Welt suchte,
  • Götzendienst ausübte und
  • das Gesetz übertrat.

Die Betonung in Kapitel 8 liegt jedoch auf der Untreue dem Gesetz gegenüber (zehntausend Satzungen!) So nimmt das Wort Gottes (Gesetz) den größten Stellenwert unter den drei genannten Ursachen ein. Jede Sünde und jeder Fehltritt gingen aus dem Ungehorsam den Geboten Gottes gegenüber hervor. Insbesondere der abscheuliche Götzendienst. Darin lag die Wurzel allen Übels!

Ephraims Opfer – Heuchelei (V. 13a)

Nachdem der Prophet drei offensichtliche Gründe zum Abfall genannt hat, kommt er auf das religiöse Handeln Ephraims zu sprechen, auf ihren Opferdienst. Trotz der vielen Gesetzesübertretungen brachten sie Opfer dar und setzen den Gottesdienst fort, wodurch sie einen Schein von Frömmigkeit erweckten. Ihre Opfer entsprangen jedoch einem ungehorsamen und heuchlerischen Herzen, gepaart mit Götzendienst und Vermischung, weshalb Gott ihnen sagen lässt: „Der Herr hat kein Wohlgefallen daran“ (Hos 8,13; vgl. Spr 15,8).

Der Richter steht vor der Tür (V. 13b-14)

Israel war von Gott abgefallen und voll Heuchelei. Die Folge war: „Nun wird er sich an ihre Ungerechtigkeit erinnern und ihre Sünden heimsuchen“ (Hos 8,13). Gott würde die Schuld des Volkes nicht ungeschehen sein lassen, sondern sie im Gericht bestrafen (vgl. Hos 7,2). Damit würde Er seine Heiligkeit aufrechterhalten.

Gott sendet ein verzehrendes Gericht (V. 14)

Im Gericht würde Er sie nach Ägypten zurückkehren lassen (Hos 8,13; 9,3.6). Diese Ausdrucksweise ist symbolisch zu verstehen, denn mit der Rückkehr nach Ägypten kündigt der Prophet die Deportation nach Assyrien an. Sie hatten Hilfe und Zuflucht bei den Nationen gesucht und ihr Vertrauen darauf gesetzt. Dazu zählte auch Ägypten. Die Rückkehr des Volkes nach Ägypten meint jedoch nichts anderes als die Beugung unter das Joch des Assyrers. Das macht Kapitel 9,3 deutlich: „Ephraim wird nach Ägypten zurückkehren, und sie werden Unreines essen in Assyrien“. Diese Tatsache unterstreicht der Prophet mit einem weiteren Vers: „Es wird nicht ins Land Ägypten zurückkehren; sondern der Assyrer, der wird sein König sein“ (Hos 11,5). So würde Ephraim in Kürze erneut die Knechtschaft kennenlernen, aus der Gott sie einst befreit hatte. Diesmal würden sie jedoch nicht unter die Hand des Ägypters unterdrückt werden, sondern unter der Hand des Assyrers.

Israel vergisst seinen Schöpfer

Das Abfallen von Gott wird nochmals bekräftigt: „Und Israel hat den Schöpfer (Gott) vergessen, der es gemacht hat“ (Hos 8,14). Sie hatten ihren Schöpfer vergessen! In dieser inneren Haltung bauten sie Paläste, in denen eine angebliche Anbetung stattfand. In Kapitel 10 lässt Er ihnen sagen: „Heuchlerisch war ihr Herz“ (V. 2).

Im Allgemeinen unterscheidet der Prophet die beiden Reiche (Israel und Juda) voneinander. Doch in gewissen Dingen verbindet er sie. Hier unter dem Gesichtspunkt, dass sie beide Gericht auf sich zogen: „Aber ich werde ein Feuer in seine Städte senden, das seine Schlösser verzehren wird“ (Hos 8,14).

Äußerlich gesehen war Juda treuer als Israel. Dennoch hatte sich auch das Herz Judas von Gott entfernt (Hos 6,11; 8,14; 12,1). Bereits unter der Erweckung des Königs Hiskia, als Sanherib kam, um Juda anzugreifen, richtete es seinen Blick nicht mehr auf Gott (Jes 22,11). Und in der Zeit Josias vergleicht Gott den Zustand Judas mit dem „abtrünnigen Israel“ (Jer 3,6.11). Sowohl Israel als auch Juda waren abtrünnig und von Gott abgefallen. Daher würde beide Gericht treffen. Jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten.

Fußnoten

  • 1 W. Kelly bemerkt, dass Hosea Ephraim hier „im Geist“ schon gefangen sieht - auch wenn die Gefangenschaft noch ausstand.
  • 2 Die Bibel spricht häufig von Gefäßen in Bezug auf Personen oder einem ganzen Volk. Die Beschaffenheit einzelner Gefäße kann dabei unterschiedlich sein. So spricht der Prophet Jeremia beispielsweise von leeren Gefäßen bzw. von einem verachteten Gefäß, das man zertrümmert, und von einem missratenen Gefäß, das der Töpfer zerstört, um aus dem Ton ein anderes zu formen (Jer 14,3; 22,28; 18,4). Auch im Neuen Testament gebraucht Gott diesen Vergleich. So wird in 2. Timotheus 2,20 die (treulose) Christenheit mit einem großen Haus verglichen, in dem unterschiedliche Gefäße stehen: „Nicht allein goldene und silbernen, sondern auch hölzerne und irdene, und die einen zur Ehre, die anderen aber zu Unehre“.
  • 3 „Betrachtung über das Buch des Propheten Hosea“
  • 4 Jean Muller; „Betrachtung über den Propheten Hosea“
  • 5 Durch den Bund mit Pul war Israel tributpflichtig geworden (2. Kön 15,20).
  • 6 Vordergründig handelt es sich hierbei um den König von Assyrien (vgl. Jes 10,8). Dennoch gibt es Ausleger, die über den Assyrer hinaus in dem „König der Fürsten“ einen Hinweis auf Nebukadnezar sehen, der eine wichtige Rolle in den Beziehungen Gottes mit Juda spielen sollte.
  • 7 Der letzte amtierende König in Israel, der regierte, bevor es nach Assyrien verschleppt wurde, trug denselben Namen wie unser Prophet. Es handelt sich um zwei unterschiedliche Personen.
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