Der Prophet Hosea (17) – die Sünde Israels (Hosea 7,1-7)

Lesezeit: 4 Min.

I: Ephraims religiöse und moralische Verdorbenheit
II: Ephraims Vermischung mit den Nationen
III: Gottes Barmherzigkeit - die Reaktion des Volkes

I: Ephraims religiöse und moralische Verdorbenheit (V. 1-7)

Zu Beginn von Kapitel 7 gibt der Prophet einen Einblick in den verdorbenen Herzenszustand Ephraims und offenbart dessen Ungerechtigkeit. Hosea hatte bereits mehrfach über das Fehlverhalten Ephraims geweissagt und das Volk auf dessen sündiges Verhalten hingewiesen. Nun treten neue Dinge ans Licht. Diesmal geht es um:

  • Ungerechtigkeit (V. 1-3)
  • religiöse Verdorbenheit (V. 4)
  • moralische Verdorbenheit (V. 5-7)

Ephraims Ungerechtigkeit (V. 1-3)

Zunächst stellt der Prophet die Absicht Gottes vor, Israel zu heilen. Trotz des Angebots zur Heilung zeigte das Volk jedoch keine Bereitschaft sich vom Bösen abzuwenden und Buße zu tun: „Sobald ich Israel heilen will, werden die Ungerechtigkeit Ephraims und die Bosheiten Samarias offenbar“ (Hos 7,1). Gott hatte sich immer wieder bemüht, Ephraim zur Umkehr zu bewegen. Doch es verharrte störrisch in seiner Ungerechtigkeit (Götzendienst). Das Ergebnis war, dass ihre Sünde offenbar wurde, wie eine Krankheit sichtbar wird, wenn niemand sie behandelt.

„Und sie sprechen nicht in ihren Herzen, dass ich all ihrer Bosheit gedenke; nun haben ihre Handlungen sie umringt, sie stehen vor meinem Angesicht“ (Hos 7,2). Offensichtlich dachte das Volk nicht darüber nach, dass Gott ihre bösen Taten (vor allem den Götzendienst) registrierte und dass Er ihre Bosheit an ihnen im Gericht heimsuchen („gedenken“) würde. 

Auch heute bedenken viele Menschen nicht, dass Gott jede einzelne Sünde ihres Lebens wahrnimmt: „… kein Geschöpf ist vor ihm unsichtbar, sondern alles ist bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben“ (Heb 4,13). Gott sieht in den kleinsten Winkel des menschlichen Herzens hinein. Für Ihn ist jeder wie ein aufgeschlagenes Buch. Das gilt für Gläubige wie für Gottlose.

Ephraims Führer - Freude an Bosheit

Die Ungerechtigkeit Ephraims fand indessen ein „freudiges“ Echo in den Herzen der Führer: „Mit ihrer Bosheit erfreuen sie den König und mit ihren Lügen die Fürsten“ (Hos 7,3). Erschütternd! Solche, die Gott als Autoritäten gegeben hatte, die Verantwortung trugen, Böses in der Mitte des Volkes fernzuhalten, fanden an der Ungerechtigkeit des Volkes Gefallen.1 Sie ließen sich davon beeinflussen und anstecken mit dem Ergebnis, dass sie sich mit der Sünde Ephraims einsmachten.

Jean Muller schreibt: „Israel zieht sogar seine Könige und Fürsten mit in seine Ungerechtigkeit hinein und zusammen treiben sie Hurerei (moralisch und geistlich, indem sie Götzendienst ausüben).“2

Böses kann auch Eingang in unseren Herzen finden. Deshalb ist es notwendig, wachsam zu sein und Selbstgericht zu üben, damit das Böse, das um sich „greift“, nicht in unsere Herzen dringt. Timotheus wird gesagt: „Die Hände lege niemand schnell auf, und habe nicht Teil an fremden Sünden“ (1. Tim 5,22). Das Gegenteil war im Leben der Führer der Fall. Sie nahmen Teil an fremden Sünden. Wie weit hatten sie sich von den Gedanken Gottes entfernt, der Trennung von jeder Art des Bösen will.

Ephraims religiöse Verdorbenheit - Götzendienst (V. 4)

Dann kommt der Prophet auf den Herzenszustand Ephraims zu sprechen. Dieser war in zweifacher Hinsicht verdorben:

  • religiös und
  • moralisch.

Zunächst deckt Hosea die religiöse Verdorbenheit auf, die er anhand eines Bildes (Ofen und Teig) symbolisiert: „Sie sind allesamt Ehebrecher, wie ein Ofen, vom Bäcker geheizt, der zu schüren aufhört vom Kneten des Teiges an bis zu seiner Gärung“ (Hos 7,4).

Ephraims Herz glich einem Ofen, den der Bäcker geheizt, jedoch nicht weiter geschürt hatte. Das hatte zur Folge, dass der Sauerteig3 sich ausbreiten und die ganze Masse durchsäuern konnte.4 So erging es Israel mit dem Götzendienst. Statt ihn zu verurteilen und auszulöschen, wurde er geduldet. So wurde ganz Israel vom unheiligen System des Götzendienstes jahrhundertelang mit dessen verderblichen Einflüssen durchsäuert.

Dieselbe Entwicklung lässt sich in der Christenheit erkennen. Der Herr Jesus berichtet von einer Frau, die Sauerteig unter drei Maß Mehl mengte, bis alles durchsäuert war (Mt 13,33). Der Sauerteig spricht in der Heiligen Schrift von etwas Bösem in seinem fortschreitenden, nicht aufzuhaltenden Charakter (vgl. 1. Kor 5,7.8), das in weiten Teilen der Christenheit anzutreffen ist. Es bahnt sich seinen Weg gewissermaßen selbst. Das macht „den Sauerteig“ so gefährlich.

Ephraims moralische Verdorbenheit - Spott und Gewalttat (V. 5-7)

Nachdem der Prophet in Vers 4 Ephraims religiöse Verdorbenheit ans Licht gebracht hat (Götzendienst), offenbart er nun dessen moralische Bosheit. Religiöses Versagen zieht moralisches Verderben nach sich. Diesen Grundsatz finden wir mehrfach in der Heiligen Schrift.

Mit Blick auf die moralische Verdorbenheit stehen (wieder) die Fürsten von Ephraim im Visier des Propheten: „Am Tag unseres Königs machen sich die Fürsten krank von der Glut des Weines“ (Hos 7,5). Bei dieser Aussage ist wohl an den übermäßigen Gebrauch von Alkohol zu denken, der zur Berauschung der Fürsten führte und sie krank machte – geistig wie geistlich (vgl. Hos 4,11). So fingen sie an, über heilige Dinge zu spotten und Gewalttat auszuüben: „Er streckt seine Hand aus mit den Spöttern“ (Hos 7,5). Ihre Gewalttat und Spöttereien hätten eine Reaktion in ihren Gewissen hervorrufen müssen. Diese waren jedoch „schläfrig“ geworden und unempfindsam für das Böse – wie jener Bäcker schläfrig geworden war (Hos 7,6).5

Aufgrund ihres harten Gewissens wurden ihre Herzen mehr und mehr für das Böse (Arglist) empfänglich. Daraus entfesselte sich eine fleischliche (Mord-) Lust, die „wie ein flammendes Feuer“ brannte (Hos 7,6). „Sie allesamt glühen wie ein Ofen und verzehren ihre Richter“ (Hos 7,7). Mit dieser Aussage weist der Prophet auf die vielen grausamen Morde der Könige in Israel hin, die die Fürsten von Ephraim verübten, über welche die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments berichten. Das traf insbesondere in der Zeit der Könige von Sekarja bis Hosea zu. Alle sechs Könige, die in dieser Zeit den Thron bestiegen, wurden gewaltsam getötet (vgl. 2. Kön 15,10.14.25.30; 17,1). „Alle ihre Könige sind gefallen“ (Hos 7,7).

 

Fußnoten

  • 1 In Kapitel 8 offenbart der Prophet, dass Ephraim religiös wie moralisch tief gefallen war, dass es seine eigenen Könige „machte“ und seine eigenen Fürsten „einsetzte“ (Hos 8,4). Die selbst ernannten Könige entstammten dabei keiner königlichen Linie mehr (keine Theokratie).
  • 2 „Betrachtung über den Propheten Hosea“
  • 3 Bild sittlicher Verdorbenheit und falscher Lehre
  • 4 Durch das Aufhören des Schürens fehlte die Hitze, die dem Sauerteig entgegenwirkt, sodass dieser sich weiterverbreiten konnte.
  • 5 Der schläfrige Bäcker steht hier symbolisch für das Gewissen des Menschen.
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