Der Christ und Überlieferungen

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Man muss an dieser Stelle anfügen, dass nicht immer, wenn es im Neuen Testament um „Überlieferungen" geht, die Traditionen von Menschen gemeint sind. In 1. Korinther 11,2, 2. Thessalonicher 2,15 und 3,6 geht es um göttlich inspirierte Belehrungen des Apostels Paulus. Diese Überlieferungen sind also nichts anderes als Gottes Wort, das uns durch die Apostel und Propheten in inspirierter Weise „überliefert" worden ist. Der Zusammenhang macht deutlich, dass in Stellen wie Galater 1,14 oder Kolosser 2,8 menschliche Überlieferungen gemeint sind.

Wenn wir über die Frage nachdenken, welche Bedeutung und etwaige Gültigkeit Überlieferungen für uns Christen heute haben, müssen wir zunächst feststellen, dass der Herr Jesus hier ein Beispiel nennt, das offensichtlich im Widerspruch zu den Geboten Gottes stand. Er führt es deshalb an, weil die Juden ihre Traditionen häufig neben oder sogar über das Wort Gottes stellten. Damit waren diese Überlieferungen verkehrt und ein Gräuel in den Augen Gottes.

Oft wird es bei Christen nicht so weit gehen, doch auch wir müssen uns fragen, ob wir uns nicht ebenfalls Traditionen unterordnen, denen derart großes Gewicht beigemessen wird, dass ihre Einhaltung wie die eines Gesetzes verlangt wird. Manchmal stehen solche Traditionen im Widerspruch zu Gottes Wort, selbst wenn sie nicht mit einer konkreten Bibelstelle kollidieren. Oft geht es - wie bei den beiden Punkten in Matthäus 15 - um Vorschriften, die das äußerliche Verhalten betreffen.

Mancher Leser kennt wahrscheinlich aus seiner eigenen Erfahrung Beispiele von Traditionen, die äußere Kennzeichen und Verhaltensweisen von Menschen, Männern und Frauen, Ehepaaren und Familien betreffen. Es besteht die Gefahr, dass man ihnen einen geistlichen Wert gibt und sie damit auf eine Stufe mit Wortes Gottes stellt. Wir erkennen im Licht von Matthäus 15, dass solche Traditionen inmitten der Versammlung Gottes keinen Platz haben. Natürlich räumt Gott der fleischlichen Freiheit keinen Platz ein, tun und lassen zu wollen, was man selbst will. Aber in diesen Versen zeigt der Herr sehr deutlich, dass Überlieferungen und Traditionen, wenn sie zum Maßstab des Handelns und Lebens erhoben werden, im Widerspruch zu Gottes Wort stehen.

Immer dann, wenn die Bibel sich gerade im Neuen Testament sehr konkret zu einzelnen Punkten äußert, wie zum Beispiel bei dem Bedecken der Frau, wenn sie „betet oder weissagt" (1. Kor 11,5), dürfen wir das aber nie Tradition nennen. Genauso wahr ist, dass wir zu manchen Fragen des Lebens durch den Zusammenhang und „Geist der Schrift" eine deutliche Antwort erhalten, auch wenn ein Punkt nicht wörtlich erwähnt wird. Auch in vielen anderen Fällen mag es gute Gründe für die eine oder andere Handlungsweise geben. Wir dürfen daraus aber keine Überlieferung machen, die den Gläubigen als Gesetz auferlegt wird.

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